Forscher finden Fluss-Delta auf dem Mars: Weiterer Beleg für einstigen globalen Mars-Ozean
20. Juli 2013
Vergleich zwischen dem Delta in der Mars-Region Aeolis Dorsa (l.) und eine heutigen irdischen Flussdelta am Baikalsee. Bild: DiBiase et al./Journal of Geophysical Research/2013 and USGS/NASA Landsat
"Wissenschaftler vermuten schon lange, dass die nördlichen Tiefländer des Mars ein ausgetrockneter Meeresboden sind. Bislang hat jedoch noch niemand eindeutige Beweise dafür gefunden", erläutert
der Geologe Mike Lamb vom California Institute of Technology (Caltech) und Mitautor der aktuell im Fachmagazin
"Journal of Geophysical Research" veröffentlichten Studie.
"Obwohl auch die aktuelle Entdeckung noch nicht die Bedingungen eines solchen eindeutigen Beweises für die Existenz eines einstiges Mars-Ozeans erfüllen, stellen sie doch zumindest den bislang
stärksten Hinweis dafür dar", fügt Roman DiBiase, der Erstautor der Studie hinzu.
Der Umstand, dass der Großteil der nördlichen Hemisphäre tiefer gelegen ist als die südliche Hemisphäre gleiche entsprechenden Strukturen
von Meeresbecken auf der Erde. Die Grenze zwischen den Tiefländern und den Hochländern wäre dann der Verlauf der einstigen Küstenlinie des angenommenen Mars-Ozeans.
Auf den hochaufgelösten MRO-Aufnahmen eines 100 Quadratkilometer großen Geländes innerhalb der Mars-Region Aeolis Dorsa (rund 1.000 Kilometer vom Gale-Krater entfernt) haben die Forscher
Grat-artige Gebilde, sogenannte invertierte Kanäle (inverted channels) ausfindig gemacht.
Diese Strukturen finden sich auch auf der Erde und bilden sich hier, wenn grobkörnige Materialien wie etwas große Kies und Geröll von Flüssen am Boden abgelagert und nach und nach angehäuft
werden. Trocknet ein Fluss dann aus, erodiert das feinkörnigere Material und lässt die größeren zurück, wodurch sodann ein Grat den einstigen Flusslauf nachzeichnet.
Auf den Satellitenaufnahmen erscheint es nun so, dass diese Kanäle deltaförmig ausfächern, was die Geologen auf drei mögliche Entstehungsarten schließen lässt: Zum einen könnten die Strukturen
ein einstiges Abflusssystem gebildet haben, in dem Bäche von einem Berg herab geflossen und zusammen später einen größeren Fluss gebildet haben. Zum zweiten könnte das Wasser auch einen
sogenannten Schwemmfächer gebildet haben, die entstehen, wenn ein Fluss aus einem Seitental in ein Haupttal oder in eine Ebene tritt, wo er seine Gesteinsfracht an seinem Austrittspunkt in alle
Richtungen aufschüttet und so die fächerartige Form der Aufschüttung entsteht. Als dritte Erklärungsmöglichkeit könnten die Kanäle Teil eines Mündungsdeltas sein, durch das sich ein Fluss
(vergleichbar etwa mit dem irdischen Nil) in ein größeres Gewässer, einen Binnensee oder eben in einen Ozean ergibt.
Übersichtskarte der untersuchten Region In Aeolis Dorsa. | Copyright: DiBiase et al./Journal of Geophysical Research
Um herauszufinden, welches Szenario am wahrscheinlichsten die Formation auf dem Mars erklärt, haben die Wissenschaftler die Struktur anhand weiterer hochauflösender Aufnahmen untersucht, wodurch
es ihnen auch möglich war, Stereo-Ansichten des Deltas zu erstellen, auf welchen Details bis zu 25 Zentimeter Größe, damit kleinste Oberflächenmerkmale und genaue topografische Daten gewonnen
werden konnten. Anhand dieser ließen sich Höhenunterschiede der Kanäle zur Umgebung schon ab einem Meter exakt ermitteln. Auf diese Weise konnten sie Stück für Stück nachvollziehen, wie sie die
Sedimente ursprünglich abgelagert hatten, woraus sich auch die Flussrichtung des sie formenden einstigen Gewässers ermitteln ließ.
Wie sich zeigte, floss besagter Strom in derartiger Richtung, dass es sich entweder um einen Schwemmfächer oder um ein Delta gehandelt haben muss. Dann fanden die Forscher in den Sedimenten aber
auch Hinweise dafür, dass sich hier ein Fluss in ein größeres Gewässer ergoss.
Zwar wurden schon zuvor Delta auf dem Mars entdeckt (...wir berichteten),
doch handelte es sich dabei immer nur um entsprechende Strukturen innerhalb geologischer Grenzen, etwa im Innern von Einschlagskratern. Entsprechende Fluten hatten also immer nur Seen gespeist.
Es handelte sich also nicht um Belege für einen einstigen Ozean. "Jetzt haben wir wahrscheinlich den bislang überzeugendsten Beleg für ein Delta, dessen Fluss aber in ein einst existierendes
großes und freies Gewässer in der nördlichen Hemisphäre geflossen ist", kommentiert DiBiase. Dieser Ozean wäre dann zumindest so groß wie die gesamte Region Aeolis Dorsa gewesen und hätte damit
eine Fläche von rund 100.000 Quadratkilometern bedeckt.
Allerdings geben die Forscher zugleich zu bedenken, dass es durchaus auch noch alternative Erklärungsmöglichkeiten gibt. So könnte es einst einen großen Krater vor Ort gegeben haben, der mit der
Zeit vollständig wegerodierte. "Dieses Szenario bedürfte jedoch gewaltiger geologischer Prozesse
und einer hohen geologischen Aktivität. Für diese haben sich jedoch zumindest bislang nirgends
auf dem Mars Hinweise gefunden.
In weiteren Untersuchungen wollen die Forscher nun den möglichen Küstenverlauf genauer untersuchen und in den dortigen Sedimenten nach weiteren Hinweisen und Belegen für einen einstigen Ozean
suchen.
WEITERE MELDUNGEN ZUM THEMA
Kiesel-Analyse bestätigt altes Bachbett auf dem Mars 31. Mai 2013
Oceanus
Borealis: Sonde findet "bislang beste geologische Beweise für einstigen Ozean auf dem Mars" 31. Januar 2013
US-Forscher identifizieren gewaltigen Ur-Ozean auf dem Mars 14. Juni 2010
Erster eindeutiger
Beweis für urzeitlichen See auf dem Mars 19. Juni 2009
grenzwissenschaft-aktuell.de
Quelle: caltech.edu
Quelle Artikel: http://grenzwissenschaft-aktuell.blogspot.de/2013/07/forscher-finden-fluss-delta-auf-dem.html